KATHEDRALE ZUM FRÜHSTÜCK ODER: EIN ALLTAG ZWISCHEN BAMBERG UND PARIS, ZWISCHEN SCHREIBTISCH UND GERÜST

Bamberg Dom / Paris Notre-Dame

Bamberg, Domspitzen, Paris, Blick auf die Pont d’Arcole mit der Kathedrale Notre-Dame im Hintergrund

Kunst und Architektur gehören zu meinem Alltag wie Fahrradfahren und Zähneputzen. Daran haben weder Ehe noch Familie etwas geändert. Ganz im Gegenteil, mein Mann Stephan ist auch Kunsthistoriker und das mit einer ausgewachsenen Schwäche für französische Comics, französische Kathedralen, für Notre-Dame in Paris. Genau genommen ist sie der Grund für eine ganze Menge Wirbel in meinem Leben, zum Beispiel auch dafür, dass ich heute diesen Eintrag verfasse. Im April 2023 trat Stephan ein mehrmonatiges Forschungsstipendium an, damit hat er nun endlich Zeit, seinen Recherchen an der Pariser Kathedrale intensiv nachzugehen - natürlich direkt vor Ort, in Paris. Und ich? Es gibt Schlimmeres, als einen Frühling in Paris zu verbringen, oder? Kurzerhand habe ich meinen geliebten Schreibtischstuhl in Bamberg gegen ein elegantes (wenn auch ziemlich unbequemes) Designerexemplar in Paris getauscht. Da ich seither immer wieder gefragt werde, was Stephan eigentlich auf der Baustelle macht, habe ich beschlossen, hier auf dem Blog darüber zu berichten - das Format eines Interviews fand ich irgendwie passend – sozusagen offiziell und doch privat: So sitzen wir nun früh am Morgen auf der provisorisch eingerichteten Tribüne vor der Kathedrale Notre-Dame mitten in Paris, einen Kaffee in der einen Hand, einen Stift in der anderen.

Notre-Dame Paris

Frage: Guten Morgen, Stephan. Jetzt hast du dein beschauliches Bamberger Büro am Kranen gegen die geschäftige Baustelle in Paris getauscht, was genau ist deine Funktion hier auf Baustelle?

Fürstenportal Bamberg

Stephan Albrecht auf dem Gerüst vor dem Fürstenportal des Bamberger Doms https://www.uni-bamberg.de/kunstgesch1/lehrstuhlinhaber/

Stephan: Ich gehöre zu dem wissenschaftlichen Forscherkreis, der sich schon lange mit Notre-Dame beschäftigt und deshalb die Wiederherstellungsmaßnahmen der Kathedrale begleitet. Gleichzeitig ist die Baustelle mit ihren Gerüsten natürlich die einmalige Gelegenheit, alte Fragen zu überprüfen, neue Beobachtungen zu machen, Scans anzufertigen usw. Eben alles das zu tun, was im Alltag des Pariser Publikumslieblings nur unter großen Einschränkungen und Schwierigkeiten möglich ist.

Frage: Als Präsident Macron nach dem Brand verkündete, „In fünf Jahren ist unsere Kathedrale wiederhergestellt, und zwar schöner als je zuvor!“, haben viele den Kopf geschüttelt. Aber dann kam der Ex-General, Jean-Louis Georgelin, und es ging rasant voran. Nun ist Georgelin im August tödlich verunglückt, sein Stellvertreter Philippe Jost hat übernommen. Wie steht es nun eigentlich um die Gesundheit der berühmten Dauerpatientin? Wird sie am 8. Dezember 2024 wie geplant die Welt in Empfang nehmen?

Stephan: Ich denke ja, die feierliche Eröffnung wird man sich jetzt nicht mehr nehmen lassen, auch wenn es sicher noch eine Weile Einschränkungen geben wird. Aber die Restaurierung ist ja auch schon weit vorangeschritten.

Frage: Seit Jahren beschäftigst du dich mit der französischen Gotik und hast schon immer besonders die Pariser Kathedrale im Fokus deiner Forschungen gehabt. Begonnen hat es mit deiner Habil, wenn ich mich richtig erinnere. Damals war es das Annenportal (das ist das südliche Westportal), mit dem du dich beschäftigt hast. Und heute, was fesselt dich immer noch so an diesem Bau?

Stephan (schmunzelnd): Die Dame hat einfach Niveau. Allein, wenn man die feinen Steinoberflächen betrachtet, die Präzision der Bildhauerarbeiten und ihre erzählerische Kraft, es ist alles vom Feinsten! Und außerdem ist so eine Kathedrale, und besonders diese hier, ein so vielschichtiges Gebäude, dass mir die Fragen wohl niemals ausgehen werden. Im Moment beschäftigt mich gerade alles, was mit der Konstruktion, dem Versatz von Skulpturen, der Zusammenarbeit der Gewerke zu tun hat. Wie hat man entworfen, in welcher Abfolge wurde gebaut und wie muss man sich zum Beispiel den Versatz der Portale vorstellen? Wir wissen noch immer so wenig über die Konstruktion von mittelalterlichen Portalen in Frankreich, über die Formenvielfalt einer Hütte, eines Bildhauertrupps, eines einzelnen Bildhauers. Und doch stehe ich auf dem Standpunkt, dass sich noch viel mehr an den Steinen ablesen lässt, als bisher geschehen ist. Man muss nur genau und immer wieder hinsehen, viel Erfahrung sammeln und vor allem viel Geduld haben – Zeit – so wie ich sie jetzt habe. Zum Beispiel muss man zuerst einmal unterscheiden, was ist mittelalterlich und was ist modern? Da ist es Glück im Unglück, dass nun, durch die umfassende Restaurierung nach dem Brand, überall Gerüste stehen und wir Einblick in die verborgensten Ecken und Winkel nehmen können, zu Orten Zugang haben, an denen seit Eugène Viollet-le-Duc, dem großen Denkmalpfleger der Kathedrale im 19. Jahrhundert, niemand mehr gewesen ist.

Notre Dame Paris

Orthofoto des mittleren Westportals der Kathedrale Notre-Dame in Paris

Frage: Es hat ziemlich lange gedauert, bis man dir und deinem Bamberger Forscherteam Zugang zur Kathedrale gewährt hat. Zum ersten Mal habt ihr im Jahr 2012 das Südquerhaus gescannt, oder? Aber inzwischen bist du Mitglied in der ‚Chantier Notre-Dame‘. Wie kam es zu dieser ‚Karriere‘?

Stephan: Wenn ich so darüber nachdenke, waren wohl Begeisterung und Hartnäckigkeit die entscheidenden Faktoren. Mit anderen Worten, ich bin einfach in die Sache hineingewachsen - über die lange Beschäftigung mit dem Thema, den Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen in Bamberg und Frankreich und der nötigen Prise Beharrlichkeit. Ich habe nie aufgegeben, bin auch Umwege gegangen. Und eines Tages war es dann soweit: Wir, das kleine Bamberger Team, bekamen tatsächlich die Erlaubnis, an der großen Kathedrale unsere Untersuchungen anzustellen, das war die Erlaubnis zum Scannen der Querhäuser, 2012 im Süden, 2015 im Norden. Dazwischen lagen drei Jahre, ein Antrag beim BMBF und der furchtbare Anschlag auf das Bataclan-Theater. Nur wenige Tage darauf sollte eigentlich unsere zweite Kampagne am Nordquerhaus starten. Ich glaube, wir hielten damals alle den Atem an, waren hin- und hergerissen, zwischen Schockstarre und heißer Erwartung auf die neue Kampagne. Aber dann kam die Zusage, natürlich mit strengen Auflagen. Es war wohl die am besten bewachte Kampagne überhaupt. Und wie sich später zeigen sollte, war sie ziemlich wertvoll, denn genau diese Scans waren für den Wiederaufbau sehr nützlich.

Notre Dame Paris

Blick von der Nordwestecke auf das Westportal der Kathedrale Notre-Dame in Paris

Frage: Erzähl doch mal, wie kommst du auf die Baustelle und wie geht es dort zu? Der hohe Bauzaun mit dem Stacheldraht vermittelt ja den Eindruck eines Hochsicherheitstraktes! 

Notre Dame Paris

Blick auf die Westfassade der Kathedrale Notre-Dame in Paris

Stephan: Im Moment haben wir Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nur beschränkten Zugang zur Baustelle. Wir tragen uns in Wartelisten ein und warten auf grünes Licht, bis wir hineindürfen. Das eigentliche Entrée ist dann tatsächlich eine kleine Prozedur, die auch jedes Mal ein bisschen anders abläuft. Nachdem ich den Klingelknopf gedrückt habe, gebe ich beim Empfang meinen Ausweis ab und erhalte dafür eine Karte. Damit geht es dann durch die Schleuse ins Allerheiligste. Dort folgt das Einkleiden mit dem obligatorischen weißen Schutzanzug, dem Schutzhelm und den Gummistiefeln. Alles, was man am Leibe trägt (inklusive der Schuhe und aller Gegenstände) wandert ins Schließfach.

Notre-Dame Paris

Im Bauch der Kathedrale Notre-Dame in Paris

Frage: Hört sich fast ein bisschen wie auf einer Intensivstation an?

Stephan: So ist es. Aber sobald man diese Hürde genommen hat, geht es durch die Containerstadt (die sich übrigens ständig verändert und neue Wege schafft) sozusagen direkt in den ,OP-Saal’ der Kathedrale. Dort sucht sich dann jeder seinen Weg, je nach Vorhaben. Ich nehme immer die Treppen, weil der Weg durch die Kathedrale für mich immer noch sehr spannend ist und ich mal hier, mal da schaue. Aber diejenigen, die jeden Tag auf die Baustelle kommen, das sind immerhin bis zu 700 Menschen, nehmen die Fahrstühle, schließlich gehen die Gerüste bis zu zwanzig Stockwerke hoch und die Wege durch die Kathedrale sind echt weit.

Frage: Das heißt, eben mal so für eine Stunde auf die Baustelle, das kommt nicht in Frage?

Stephan: Nein, für den Besuch einer so alten Dame braucht es immer Zeit - sehr viel Zeit.

Frage: Und sonst? Wie fühlt es sich an, auf der berühmtesten historischen Baustelle mit dem größten Kran Europas unterwegs zu sein?

Stephan: (mit einem Grinsen und Schulterzucken): „C‘est normale“. Natürlich, am Anfang war ich schon sehr beeindruckt von den klaffenden Wunden, die der Brand gerissen hatte, den Blick durch die Vierung in den Himmel. Dann kamen die vielen Gerüste, die den Innenraum komplett füllten, ein Kunstwerk für sich. Was mich auch beeindruckte, war die allgemeine tiefe Betroffenheit, vom Hausmeister bis hin zur Wissenschaftlerin, das entschlossene Zupacken aller Beteiligten. So schnell wurden eine digitale Plattform zum wissenschaftlichen Austausch eingerichtet, die verschiedenen Forschergruppen gebildet. Und das Tempo der Restaurierung ist wirklich atemberaubend, dabei gab es viele Hindernisse zu überwinden: erst die Gefahr der Vergiftung durch das Blei, dann der Verlust an Zeit durch Corona. Mittlerweile hat sich alles eingespielt, man tauscht sich aus, forscht und baut weiter, es ist mehr Routine dabei. Selbst an die stete Geräuschkulisse, das metallische Klackern und Hämmern der Gerüstbauer, habe ich mich inzwischen gewöhnt. Genauso wie an das Rascheln der Ratten, die in den Gängen und Rohren hin und her huschen.

Notre Dame Paris

Eingerüsteter Chor der Kathedrale Notre-Dame in Paris

Frage: Wie läuft das mit dem wissenschaftlichen Austausch, vor Ort und außerhalb?

Stephan: Die Gerüste sind natürlich ein perfekter Treffpunkt, um bestimmte Fragen zu diskutieren, die sich nur vor Ort klären lassen: Fugen, Farben, Steinversatz. Aber dann gibt es natürlich auch die anderen Zusammenkünfte im Vortragssaal oder per Videokonferenz. Dabei funktioniert der Austausch über alle Fächergrenzen hinweg (Informatik und Statik, Chemie und Biologie, Bauforschung, Archäologie und Kunstgeschichte…), anders ginge es auch gar nicht mehr bei einem so komplexen Baugefüge wie einer Kathedrale. Aber die Bereitschaft zum Austausch ist ebenso groß wie der Drang, den Geheimnissen der mittelalterlichen Baumeister auf die Spur zu kommen.

Frage: Gibt es überraschende Funde, die man im Laufe der jetzigen Restaurierung gemacht hat?

Stephan: Ja, die gibt es. Zum Beispiel hat man bei den Grabungen im Chor einige Reste von Skulpturen gefunden, die zum alten Lettner gehörten, das ist sehr aufregend und wir erwarten dazu viele neue Erkenntnisse, aber hier dauern die Untersuchungen noch an. Genauso spannend ist die Entdeckung, die einer der „Cordisten“ gemacht hat, Santiago Hardy. Als Baukletterer ist er mit dem Seil in der Kathedrale unterwegs und kommt so an die abseitigen Stellen, wo weder Gerüst noch Kran eine Chance haben – ein ziemlich aufregender und gefährlicher Job. Santiago hat dabei über 300 mittelalterliche Steinmetzzeichen auf den Steinoberflächen gefunden – bislang kannte man aus Notre-Dame nur wenige. Das ist großartig, auch deshalb, weil die Erforschung der Steinmetzzeichen in der französischen Architekturgeschichte noch ziemlich am Anfang steht. Ich kann mich noch total gut erinnern, wie ich den Cordisten eines Tages im südlichen Seitenschiff traf und ihn fragte, ob ich ihn wohl beim Säubern der Steinoberfläche fotografieren dürfe. Er lachte, nickte und erklärte mir dann, dass er nicht beim ,Säubern’ sei, sondern beim ,Rubbeln’. Die Zeichen könne man mit bloßem Auge kaum erkennen, weil sie sich unter der dicken Schicht von Kerzenruß und Schmutz verstecken. Eine Sensation aus der Rubrik ,Kleine Details und große Entdeckungen!’ Es sind genau diese Art von Beobachtungen, die nur im Moment möglich sind. Das ist knallharte Spurenlese am Mauerwerk, egal, ob vom Gerüst aus oder vom Seil, das sind die wahren Gucklöcher ins Mittelalter!

Notre Dame Paris

Gerüst vor der Westfassade der Kathedrale Notre-Dame in Paris

Frage: Wenn du auf die Baustelle kommst, wohin gehst du dann und wie sieht deine Arbeit konkret aus? Weniger rubbeln und säubern, nehme ich an, dafür mehr beobachten und notieren, oder? Hast du auch Entdeckungen gemacht, von denen du erzählen kannst?

Stephan: Im Moment beschäftigt mich ja vor allem die Frage, wie man Portale konstruiert und gebaut hat, deshalb ist das Gerüst ganz im Westen vor der Kathedrale, zur Zeit mein Arbeitsplatz. Portale sind für mich deshalb so spannend, weil sie genau da sitzen, wo Architektur und Skulptur aufeinandertreffen. Man muss sich das so vorstellen: Ein Portal aus dieser Zeit besteht ja in der Regel aus einer Sockelzone mit Reliefs, einem Gewände mit großen Figuren, den Archivolten, dem Sturz und dem Tympanon mit seinen Reliefs in Registern. Aber wie sind die Steine untereinander verbunden und in der Wand verankert? Hat man sie vorproduziert? Wurden sie in situ angepasst? Wie hat man sie befestigt? Wie ist der Bauvorgang? Wird von unten nach oben gemauert oder umgekehrt? Und schließlich: gibt es einen gemeinsamen Entstehungsprozess der drei Pariser Portale? Tatsächlich wissen wir über die Konstruktion des mittelalterlichen Figurenportals noch viel zu wenig. Dafür reise ich im Moment auch viel durch die Ile-de-France, um mir Ruinen anzusehen denn die gewähren mit natürlich auch einen Blick in ihr Innerstes. Außerdem haben wir letztes Jahr im Sommer (bei vierzig Grad im Schatten) die Westfassade gescannt und diese Ergebnisse, die ja auf wenige Millimeter genau sind, sind eine weitere gute Grundlage zur Analyse der Westportale von Paris.

Ruine Frankreich

Ruinen des der Kirche Notre-Dame de Corbeilauf der Pferdekoppel in Pringy (Seine-et-Marne)

Auf dem Gerüst bin ich dann damit beschäftigt, noch einmal Stein für Stein durchzugehen, die Oberflächen nach Auffälligkeiten abzusuchen. Immer und immer wieder. Dabei ist mein erster Schritt herauszubekommen, was davon eigentlich noch mittelalterlich ist oder was möglicherweise aus einer späteren Restaurierung stammt. Genau dabei habe ich in der Sockelzone des mittleren Westportals eine kleine Entdeckung gemacht: Die zwei Reihen mit den Medaillons der Tugenden und Lastern sind nicht, wie immer vorausgesetzt, mittelalterlich, sondern sie sind unter Viollet-le-Duc ausgetauscht worden.

Notre Dame Paris

Orthofoto der Westfassade der Kathedrale Notre-Dame im Ausschnitt

Frage: O la la, wie bist du darauf gekommen?

Stephan: Erst war es einfach nur eine Beobachtung, dass die Oberfläche der Steine an dieser Stelle anders aussieht als der Rest, uneben und rissig. Irgendwann bin ich der Sache dann genauer nachgegangen, und zwar am Schreibtisch. Und siehe da, bei meiner Recherche nach alten Fotos zur Restaurierung kam mir schließlich eines von 1856 in die Hand: Auf dem konnte ich sehen, wie man genau an dieser Stelle einen ganzen Block herausgenommen hatte. Mit diesem Wissen kam ich wieder auf die Baustelle und entdeckte nun auch die Spuren eines braunen Klebers - ein alter Bekannter aus den Untersuchungen an den Querhäusern, und damit ein weiterer Hinweis für die Restaurierung dieser Steine, denn, so fanden wir damals heraus, diesen Kleber verwendete man in der Zeit von Viollet-le-Duc. Beim darauffolgenden Besuch sah ich nochmal genau hin. Aber dieses Mal konnte ich beim besten Willen keine weiteren Auffälligkeiten entdecken. Trotzdem machte ich ein paar Fotos im Streiflicht und ging etwas unzufrieden wieder nach Hause. Aber als ich dort wieder am Rechner saß und erneut die Fotos durchging, da fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen: Auf einem der Medaillons konnte ich mit viel Mühe eine Zahl entziffern, 1856!

Inschrift Notre-Dame Paris

Medaillon mit Inschrift im Sockel der Kathedrale von Notre-Dame in Paris

Das war für mich der entscheidende Beweis für die Restaurierung dieser Partie unter Viollet-le-Duc. Und siehe da, als ich das nächste Mal vor dem Medaillon stand, erkannte ich die Jahreszahl natürlich auf Anhieb. So sieht sie aus, meine Arbeit - Schritt für Schritt auf einem langen Weg und ein steter Wechsel zwischen Gerüst mit Notizblock und Stift hinterm Ohr und Schreibtisch mit Bildschirmen, Büchern und Bildern. Manchmal passt kein Teil zum anderen, tagelang scheint gar nichts voranzugehen und plötzlich hilft nur ein kleines Detail, das sich alles zu einem Bild fügt.

Frage: Das ist ja die reinste Detektivarbeit! Ist denn ein Ende der Forschungen in Sicht?

Stephan: (schmunzelt: Gegen einen zweiten Frühling in Paris hättest du doch auch nichts einzuwenden, oder?

Frage (lachend): Zum Glück hat Paris auch noch viele Geschichten zu erzählen. Und wenn es so ist, dann komme ich zu meiner vorerst letzten Frage: Was denkst du zu dem zweiten Teil von Macrons Versprechen, dass die Kathedrale schöner aussehen wird als je zuvor?

Stephan (schaut nachdenklich auf die Fassade und schmunzelt): „Das zu beurteilen, liegt wohl im Auge eines jeden Betrachters.

Diplomatisch wie immer, denke ich, klappe das Notizbuch zu und greife nach meiner Kaffeetasse. Sie ist leer. Erst jetzt fällt mir auf, dass wir nicht mehr allein auf der Tribüne sitzen und sich der Kran auf der Baustelle vor uns schon dreht. Höchste Zeit, um in den Pariser Alltag zurückzukehren. Nachdem Stephan in der Tür zur Baustelle verschwunden ist, werfe ich noch einen Blick zurück. Auf einmal sieht sie viel vertrauter aus „notre Dame“ …

Brücke Paris mit Notre-Dame im Hintergrund

Blick auf die Pont d’Arcole mit der Kathedrale Notre-Dame im Hintergrund

© Bamberg: Domspitzen;Paris: Notre-Dame; Paris: Baustelle, Bamberg: Dom, Fürstenportal; Paris: Westportal (Orthofoto Archiv Stephan Albrecht), Paris: Notre-Dame im Hintergrund; Paris, Notre-Dame: Blick auf die nordwestliche Flanke, Paris Baustelle (Archiv Stephan Albrecht), Paris: Notre-Dame, Blick auf den Chor, Blick auf die Westfassade Annenportal (Archiv Stephan Albrecht), Pringy, Überreste Notre-Dame de Corbeilles; Paris: Notre-Dame, mittleres Westportal, Sockelzone, Medaillon mit Laster (Archiv Stephan Albrecht); Paris: Notre-Dame.

Alle Fotos, soweit nicht anders vermerkt, aus dem Archiv der Autorin.

Zurück
Zurück

LÜBECK: INSELRUNDE TEIL I VOM BUDENZAUBER IM MITTELALTER

Weiter
Weiter

MAGIE TRIFFT POESIE: DAS GEHEIMNIS DER SKAGENMALERIN